Bei vielen Ärzten:innen ist der Physician Assistant noch nicht bekannt und daher noch „Neuland“. Andere ärztliche Kolleg:innen konnten jedoch schon früh Physician Assistants für Ihre Abteilungen oder Hausarzt-Praxen gewinnen und wollen die neuen Kolleg:innen gar nicht mehr missen. Diese Erfahrung hat auch Hausarzt Wolfgang von Meißner gemacht. Dr. Wolfgang von Meißner ist einer der Hausärzte in einer großen Gemeinschaftspraxis und offizieller PA-Beauftragter des MEDI-Verbundes. Die „Hausärzte im Spritzenhaus“ im baden-württembergischen Baiersbronn beschäftigen derzeit gleich zwei PA-Student:innen.
Im Interview mit dem Ärztenachrichtendienst (änd) berichtet er, dass er durch seine MFA, die ein Physician Assistance Studium anstrebte, erstmals konkret mit dem Berufsbild konfrontiert wurde und auch direkt Kooperationspartner einer Hochschule wurde. Dies war damals für den hausärztlichen Bereich ein echtes Novum, denn sie waren „erst die zweite offiziell zertifizierte duale Ausbildungsstätte im hausärztlichen Bereich“. Schnell erkannten die leitenden Ärzt:innen der Praxis, dass die Kollegin sehr gut für die klinische Arbeit geeignet ist, zum Beispiel im Bereich der Akutsprechstunde.
Herausforderung und Differenzierung
Auch zu weiteren Aufgaben und der teils schwierigen Abgrenzung zu anderen Assistenzberufen im ambulanten Beriech wie der VERAH konnte Herr Dr. von Meißner bereits sehr positive Erfahrung sammeln. Tätigkeiten wie das Bauchaortenscreening konnte von den PAs schnell und gründlich erlernt werden. Im Vergleich mit einer MFA oder VERAH „leisten unsere PAs mehr, etwa die komplette Umstellung auf Insulin. Oder auch Blutdruck-Einstellung, Ergänzung der entsprechenden Medikamente, Kontrolle der Laborwerte oder Durchführung von Langzeitblutdruckmessungen“ erklärt der Allgemeinmediziner.
Die Übernahme solch verantwortungsvoller Aufgaben durch Physician Assistants in einer Hausarzt-Praxis, ist aber natürlich keine Selbstverständlichkeit. „Man muss die Ausbildung in der Praxis auch so gestalten, dass der PA dort was lernt. Sie müssen dann natürlich mit in die Sprechstunden, wo sie ärztliche Gesprächsführung und Untersuchungstechniken lernen“ betont Dr. von Meißner. Eine hohe Motivation und klare Entwicklungsperspektive auf Seiten des Physician Assistants ist dafür die Grundvorraussetzung.
Viel Verantwortung, die ein PA tragen und leisten kann. Klar ist aber auch hier, dies gelingt nur mit fairer Bezahlung. So berichtet auch Hausarzt von Meißner, dass man die PAs angemessen bezahlen muss, „denn mit 2.500 Euro kann man sie nicht abspeisen. Für einen fertigen PA muss man schon als Einstiegsgehalt mit 4.000 bis 4.500 brutto rechnen“. Eine bessere Abrechnung für die Physician Assistants könnte hier den Arbeitgeber:innen extrem helfen, die PAs zu refinanzieren.
PA beim Hausarzt: Wie sind die Aussichten?
Doch wie ist die Perspektive für Physician Assistants im Hausarzt-Bereich? Für Wolfgang von Meißner ganz klar. Der sich zuspitzende Fachkräftemangel betrifft auch viele niedergelassene Fachärzt:innen. Sie „kriegen ja auch keinen ärztlichen Nachwuchs und müssten eigentlich alles, was delegierbar ist, auch delegieren, um wieder Zeit zu haben für die Dinge, die man nicht delegieren kann“, denn „gerade kleine Praxen würden natürlich kolossal davon profitieren“ prophezeit Dr. von Meißner.
Besonders klare Delegationsrichtlinien und bessere Abrechungsmöglichkeiten werden für den zukünftigen Einsatz von Physician Assistants im Hausarzt-Bereich dringend benötigt.