PA-Session auf dem Viszeralmedizin-Kongress NRW: Wo stehen wir 2025?

Am 12. und 13. Juni 2025 fand in Essen der Viszeralmedizinische Kongress Nordrhein-Westfalen statt. Neben zahlreichen Vorträgen zu aktuellen chirurgischen Entwicklungen richtete sich eine eigene Session gezielt an das Berufsbild der Physician Assistants, ein deutliches Zeichen für die zunehmende Relevanz dieses Berufs im chirurgischen Setting. Unter dem Titel „Interaktion von Physician Assistant (PA) und Viszeralchirurgie – Wo stehen wir?“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Klinik, Praxis, Hochschulen, Recht und Berufsverbänden über den aktuellen Stand und die Perspektiven des PA-Berufs. Die Session wurde von Hüyla Agarius und Rahavie Rajakulendran geleitet, beide erfahrene PAs und aktive Beirätin im Vorstand der Niederrheinisch-Westfälischen Gesellschaft für Chirurgie (NWGC).

Ambulante Versorgung: Strukturgewinn und Patientenzufriedenheit

Volker Schrage eröffnete das Panel mit einem Einblick in die ambulanten Versorgung. Schrage stellte die Ergebnisse des PA-Projekts der Kassenärztlichen Vereinigung WestfalenLippe (KVWL) vor und schilderte eindrucksvoll, wie PAs dort erfolgreich in haus- und fachärztliche Praxen integriert wurden. Durch ihren Einsatz konnten sich die Ärztinnen und Ärzte stärker auf komplexe medizinische Aufgaben konzentrieren, was zu einer spürbaren Entlastung führte. Gleichzeitig verbesserten sich die Arbeitsbedingungen im Praxisalltag. Die Patientinnen und Patienten zeigten sich mit der Betreuung durch PAs sehr zufrieden; nur ein geringer Teil äußerte den Wunsch nach einem ärztlichen Gespräch. Die neuen Teammitglieder ließen sich auch gut integrieren, was auf eine hohe Akzeptanz und funktionierende interprofessionelle Zusammenarbeit hinweist.

Vertrauen durch Schulterschluss mit der Ärzteschaft

Der Jurist Bernd Westphal ordnete die Entwicklung des PA-Berufs aus rechtlicher Sicht ein und bezeichnete ihn als „Erfolgsmodell“, das sich in den letzten Jahren sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich etabliert habe. Dabei hob er hervor, dass kein Gesundheitsberuf in Deutschland mit einem Gesetz begonnen habe. Entscheidend sei vielmehr, wie sich ein Beruf in der Praxis bewähre. In juristischen Verfahren würden Gutachten in der Regel durch Ärztinnen und Ärzte erstellt, weshalb die Anerkennung und Unterstützung durch die Ärzteschaft von zentraler Bedeutung sei. Die Rechtsprechung und auch künftige gesetzliche Regelungen würden sich stark an den ärztlichen Sachverständigenmeinungen orientieren, ein enger Schulterschluss sei daher essenziell für die Weiterentwicklung des Berufs.

PAs als konstante Kräfte im OP und auf Station

Ein konkretes Beispiel für die erfolgreiche Integration von PAs im stationären Bereich lieferte Dr. Kirsten Meurer, geschäftsführende Oberärztin der Allgemeinchirurgie aus Bochum. Dort wurden bereits ab 2017 die ersten PA-Studierenden aufgenommen. Heute sind über vier PA-Stellen in der Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie eine weitere in der Proktologie etabliert. Die Klinik kooperiert eng mit der Fliedner Fachhochschule und begleitet regelmäßig Studierende während ihrer Praxisphasen. Viele von ihnen werden nach Abschluss ihres Studiums übernommen. PAs sind dort nicht nur auf den Stationen präsent, sondern auch ein fester Bestandteil operativer Abläufe, insbesondere im ambulanten OP-Zentrum. Ihre tiefgehende Einarbeitung, kontinuierliche Präsenz und fachliche Qualifikation machen sie zu einem wichtigen Baustein der chirurgischen Versorgung.

Spezialisierte Aufgaben in onkologischen Zentren

Dr. Cedric Demtröder beleuchtete in seinem Beitrag die Rolle von PAs in Krebszentren, die in Deutschland flächendeckend etabliert sind und hohe Anforderungen an Qualität, Studienbeteiligung und Patientenkommunikation stellen. Auch hier sei der Einsatz von PAs sinnvoll und wirksam. Am Beispiel der bariatrischen Chirurgie verdeutlichte er, wie erfahrene PAs – wie etwa Hüyla Agarius – über operative Routine und fachliche Tiefe verfügen. Agarius übernimmt in ihrer Klinik unter anderem selbstständig komplexe und kosmetisch anspruchsvolle Wundverschlüsse und stellt damit eindrucksvoll unter Beweis, dass PAs auch im operativen Alltag weit über eine rein unterstützende Rolle hinauswachsen können.

Berufspolitik: Neue Meilensteine und Interprofessionelle Anerkennung

In der berufspolitischen Diskussion betonte Patrick Klein, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants (DGPA), die wachsende Bedeutung und Sichtbarkeit des Berufsbildes in Deutschland. Insbesondere die Bundesärztekammer habe in den letzten Jahren mehrere Stellungnahmen und Positionspapiere veröffentlicht, in denen sie sich klar zur interdisziplinären Zusammenarbeit und zu delegierbaren Aufgaben an PAs bekenne. In einem Papier werde sogar die Möglichkeit thematisiert, dass PAs künftig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen könnten, ein starkes Signal für das Vertrauen in die Profession. Er unterstrich die Bedeutung, dass sowohl Physician Assistants als auch Ärzt:innen die Inhalte dieser Dokumente genau kennen und in ihre berufliche Praxis einordnen. Klein rief zudem dazu auf, sich aktiv berufspolitisch zu engagieren und sich der DGPA anzuschließen, um die Entwicklung des Berufs aktiv mitzugestalten.

Herausforderungen für Hochschulen

Zum Abschluss der Session ging Prof. Dr. Heistermann, Vorsitzender des Deutschen Hochschulverbands für Physician Assistants (DHPA) und Studiengangsleiter an der Fliedner Fachhochschule auf die Herausforderungen der akademischen Weiterentwicklung ein. Das Positionspapier der Bundesärztekammer stelle einen wichtigen Meilenstein dar, gleichzeitig sei unklar, wie eine bundeseinheitliche Abschlussprüfung in der Praxis eingeführt, finanziert und organisiert werden solle. Auch die curricularen Anpassungen aller Hochschulen seien aufwendig und derzeit nur im Rahmen freiwilliger Mitwirkung möglich, da die BÄK keine formale Weisungsbefugnis gegenüber den Bildungseinrichtungen habe. Heistermann machte deutlich, dass sich viele Gesundheitsberufe aktuell im Wandel befänden und PAs gut daran täten, von deren Entwicklungen zu lernen, insbesondere im Hinblick auf Sichtbarkeit, politische Präsenz und langfristige Verankerung im Gesundheitssystem.

Ein starkes Signal für die Zukunft der chirurgischen Versorgung

Die PA-Session auf dem Viszeralmedizinischen Kongress in Essen hat eindrucksvoll gezeigt, wie tiefgreifend der Einsatz von Physician Assistants die chirurgische Versorgung in Klinik und Praxis bereits heute mitgestaltet. Von der ambulanten Entlastung über operative Expertise bis hin zur juristischen und hochschulpolitischen Verankerung – das Berufsbild PA ist im Wandel, im Wachstum und längst unverzichtbar. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein für die strukturelle Etablierung, die rechtliche Absicherung und die interprofessionelle Weiterentwicklung. Der Kongress hat hierfür wichtige Impulse gesetzt.

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