Der diesjährige Kongress des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) in Berlin drehte sich um das Thema: „Diagnose Fachkräftemangel: Perspektiven für die Gesundheitsversorgung von morgen“. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) stellte dabei gemeinsam mit der Europäischen Fachhochschule (EUFH) die ersten Ergebnisse zu dem ihrem gemeinsamen Projekt zum Einsatz von Physician Assistants in Arztpraxen, das seit April 2023 läuft, vor.
Projektüberblick
Seit Projektbeginn am 1. April 2023 wurden zehn Praxen in Westfalen-Lippe mit Physician Assistants sowie Physician Assistant-Student:innen ausgestattet. Ziel dieser Pilotierung ist es, die Einsatzmöglichkeiten von Physician Assistants im ambulanten Bereich zu evaluieren und zu überprüfen, wie sich die Integration auf die Patientenversorgung und das Praxisteam auswirkt. Als Kooperationspartner fungieren die EUFH und die Deutsche Gesellschaft für Physician Assistants (DGPA).
Das Projekt läuft noch bis zum 21. März 2025, daher waren die vorgestellten Ergebnisse auf dem Zi-Congress in Berlin nur ein Zwischenfazit. Doch die bisherigen Resultate zeigen bereits: Physician Assistants sind ein Gewinn für den ambulanten Sektor.
Positive Ergebnisse: Effizienzsteigerung und bessere Patientenversorgung
In den ersten Monaten hat sich gezeigt, dass Physician Assistants nicht nur von den Praxisteams, sondern auch von den Patient:innen gut angenommen werden. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass durch den Einsatz von Physician Assistants bis zu 30% der Patientenkontakte übernommen wurden. Dies führte nicht nur zu einer erhöhten Leistungserbringung, sondern auch zu kürzeren Wartezeiten für die Patient:innen. So konnte eine Praxis dank einer eigens eingerichteten Physician Assistant-Sprechstunde die Wartezeit für Patiententermine um zwei Monate verkürzen.
Ein weiteres Erfolgserlebnis war der Einsatz einer Physician Assistant während der Infektzeit in einer Infektsprechstunde. Diese Unterstützung trug dazu bei, die hohe Patientenzahl während der Erkältungs- und Grippesaison besser zu bewältigen.
Herausforderungen: Konflikte im Praxisteam und rechtliche Hürden
Trotz der vielen positiven Aspekte gab es auch Herausforderungen. In einigen Praxen traten Konflikte zwischen dem Praxisteam und den Physician Assistants auf, insbesondere mit den Medizinischen Fachangestellten (MFA). Diese Spannungen konnten in den meisten Fällen durch Moderation und Begleitung des Change-Prozesses entschärft werden. In einem Fall führte der Konflikt jedoch zur Kündigung der betroffenen Physician Assistant.
Auch rechtliche Hürden behindern den vollständigen Einsatz von Physician Assistants. Aufgaben wie die Aufklärung oder genehmigungspflichtige Leistungen wie die Sonographie können zwar im Rahmen der Delegation übernommen werden, aber nicht vollständig. Um den Handlungsspielraum der Physician Assistants zu erweitern und ihre Tätigkeit rechtlich abzusichern, wäre eine Anpassung der Delegationsvereinbarungen im Bundesmantelvertrag notwendig.
Physician Assistants sind bereit für die ambulante Versorgung
Die bisherigen Ergebnisse des KVWL-Projekts belegen klar: Physician Assistants sind bereits heute eine wertvolle Unterstützung im ambulanten Bereich. Best Practice-Beispiele zeigen, dass Physician Assistants nicht nur zur Entlastung der Ärzt:innen beitragen, sondern auch die Effizienz und Wirtschaftlichkeit einer Praxis steigern können. Damit Physician Assistants in Zukunft noch mehr Aufgaben übernehmen können, sollten die bestehenden Delegationsvereinbarungen angepasst werden.
Die abschließenden Projektergebnisse im Jahr 2025 werden zeigen, wie sich der Einsatz von Physician Assistants langfristig auswirkt. Doch schon jetzt steht fest: Der Physician Assistant ist ein wichtiger Baustein für die Gesundheitsversorgung von morgen.
Mehr Informationen zu Physician Assistants in Hausarztpraxen finden Sie im PA Jobs Whitepaper „Ambulante Versorgung“.