Die Herausforderungen in der nephrologischen Versorgung sind hoch. Chronisch kranke Patient:innen, eng getaktete Dialysepläne und steigender Fachkräftemangel prägen den Alltag in Praxen und Zentren. Das neue Positionspapier des DNeV (Berufsverband der Nephrologinnen und Nephrologen in Deutschland) zeigt: Physician Assistants (PAs) können in diesem komplexen Setting nicht nur sinnvoll integriert werden, sondern tragen nachweislich zur Effizienz, Versorgungsqualität und Entlastung des ärztlichen Teams bei.
Das Papier erscheint exakt einen Monat nach der Veröffentlichung des Positionspapiers der Bundesärztekammer.
Ein modernes Berufsbild mit wachsender Relevanz
Seit über 20 Jahren etabliert sich das Berufsbild des Physician Assistants auch in Deutschland – zunächst zögerlich, inzwischen zunehmend mit Rückhalt aus der Praxis. Die Autor:innen des Positionspapiers, darunter Prof. Dr. med. Bernd Hohenstein und Kolleg:innen aus der nephrologischen Versorgung, berichten von „hoher Akzeptanz“, „bemerkenswertem Engagement“ und einer „spürbaren Entlastung“ durch den PA-Einsatz.
PA übernehmen im Rahmen der ärztlichen Delegation eine Vielzahl medizinischer und organisatorischer Aufgaben – von Anamnese, körperlicher Untersuchung und Verlaufskontrolle bis zur Koordination von Abläufen und Assistenz bei Eingriffen. In der Nephrologie kommt ihnen dabei eine besondere Rolle zu.
Warum gerade in der Nephrologie?
Das Fachgebiet Nephrologie ist geprägt von chronisch verlaufenden Krankheitsbildern, einem hohen Dokumentationsaufwand und festen Behandlungsschemata – insbesondere in der Dialyse. Genau hier können PA standardisierte Aufgaben übernehmen und die ärztliche Versorgung sinnvoll ergänzen.
Die Einsatzfelder sind vielfältig:
- Dialysevisiten unter ärztlicher Supervision
- Erstkontakte und Anamnese in der Sprechstunde
- Sonographie, insbesondere Nierensonographie
- Mitwirkung bei Nierenbiopsien
- CKD-Sprechstunden für Patient:innen in den Stadien 4 und 5
- Koordination, Dokumentation und Befundnacharbeit
Im Idealfall arbeiten PA dauerhaft im nephrologischen Team – mit gezielter Einarbeitung, klinikinterner Weiterbildung und persönlicher Supervision. Das Ergebnis: Kontinuität, Entlastung und mehr Zeit für komplexe ärztliche Entscheidungen.
Herausforderungen: Vergütung, Sichtbarkeit und Fortbildung
Trotz der positiven Erfahrungen benennen die Autor:innen auch klare Herausforderungen:
- Fehlende Abbildung im EBM: PA-Leistungen sind aktuell nicht vergütungsfähig. Der Einsatz bleibt eine Investition.
- Zugang zu Fortbildungen: Viele ärztliche Kurse sind PA nicht zugänglich, dies soll sich ändern.
- Rechtlicher Rahmen: Es fehlt weiterhin an einem Berufsgesetz und einheitlichen Standards zur Supervision.
- Teamdynamik: In der Praxis braucht es aktive Kommunikation, um Vorbehalte im Team zu adressieren und PA als gleichwertiges, ergänzendes Berufsbild zu verankern.
Ein starkes Signal aus der Fachgesellschaft
Das Positionspapier ist mehr als eine Beschreibung des Status quo, es ist ein deutliches Signal an die Fachgesellschaft, an Praxisinhaber:innen und an die Politik. Der DNeV fordert, den Physician Assistant in der Nephrologie strukturell zu verankern, Aus- und Weiterbildungszugänge zu schaffen und PA langfristig in die nephrologische Versorgungsrealität zu integrieren.
Die abschließende Botschaft des Autorenteams ist klar:
„Physician Assistants können in der nephrologischen Versorgung vielseitig und wirkungsvoll eingesetzt werden – insbesondere in der Dialyse, in der Diagnostik und in der chronischen Patientenbetreuung.“
Fazit
Das Positionspapier markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu mehr Sichtbarkeit, Anerkennung und struktureller Integration des Physician Assistant in der fachärztlichen Versorgung. Wer PA bereits beschäftigt, wird sich bestätigt fühlen – wer bislang gezögert hat, findet hier praxisnahe Argumente für den nächsten Schritt.