Publikation: Einkommen von Physician Assistants in Deutschland

Dieser Artikel ist eine Masterarbeit von Patrick Edward Klein. Die Arbeit wurde im Rahmen des Studiengangs „Physician Assistant (M. Sc.) verfasst, bestanden und mit „sehr gut“ bewertet. Als PA Blog nehmen wir bei wissenschaftlichen Publikationen nach dem bestandenen Review keine inhaltlichen Änderungen vor und sind damit auch nicht für den Inhalt verantwortlich.

Physician Assistant (PA) ist ein junges Berufsbild im deutschen Gesundheitssystem, welches sich zunehmend etabliert. Mithilfe einer eigenen Datenerhebung mittels Websurvey, werden die jährlichen Bruttoeinkommen von PAs in Deutschland ermittelt und deren Determinanten untersucht. Das jährliche Bruttoeinkommen von PAs in Deutschland schwankt je nach Berufserfahrung, Bildungsabschluss und subjektiven Erfahrungsumfang. Männliche PAs verdienen mehr als weibliche PAs. PAs mit einem Bachelorabschluss verdienen im Schnitt ca. 57.600 EUR und mit einem Masterabschluss ca. 83.300 EUR. Insbesondere ein hoher subjektiver Erfahrungsumfang bei der Durchführung invasiver Maßnahmen korreliert mit höheren Bruttoeinkommen. 9 von 10 PAs sprechen sich für ein eigenes Tarifsystem für PAs in Deutschland aus.

Wachsende Relevanz von PAs

Im Jahr 2005 startet an der Steinbeis-Hochschule in Berlin der erste Studiengang Physician Assistant (PA). Die Anzahl der Hochschulen mit Angeboten zu PA-Studiengängen wächst seither stetig. Neben der steigenden Anzahl von Studiengängen und -standorten steigt auch das (inter-)nationale Forschungsinteresse, erkennbar an steigenden (inter-)nationalen Publikationszahlen auf PubMed und Google Scholar. Der deutsche Forschungsschwerpunkt liegt vor allem auf der Rolle von PAs und deren Eingliederung bzw. Beitrag im deutschen Gesundheitssystem (vgl. unter anderen 1,2,3). Dies macht eine eigene Datenerhebung notwendig, um Erkenntnisse und Einsichten in das Thema der Gehaltsstrukturen von PAs in Deutschland zu gewinnen. Ziel dieser Studie ist es, dass jährliche Bruttoeinkommen von PAs in Deutschland abzubilden und verschiedene Einflussfaktoren zu ermitteln.

Methodisches Vorgehen

Die Erhebung der Informationen zu den Gehältern und dessen Determinanten erfolgt durch eine eigene internetgestützte Befragung (Web-Survey) von PAs in Deutschland. Im Rahmen des Fragebogens werden über das jährliche Bruttoeinkommen hinaus auch allgemeine demographische Informationen, Bildungs- und Berufsinformationen sowie Informationen zur subjektiven Erfahrungseinschätzung von insgesamt knapp 100 unterschiedlichen Tätigkeiten in den Tätigkeitsbereichen Diagnostik und Behandlungsverfahren, chirurgischen Assistenz, Mitwirkung bei Eingriffen, Notfallbehandlung, Kommunikation und Informationsweitergabe, Prozessmanagement und Teamkoordination sowie Dokumentation erhoben. Die Zielgruppe der PAs in Deutschland wird über den Versand eines Einladungsschreibens zum Fragebogen durch die Newsletter der DGPA und des Blogs für PAs in Deutschland (PA-Blog) erreicht. Zusätzlich wird auf den zugehörigen Social-Media-Kanälen der Institutionen auf die Befragung aufmerksam gemacht. Die Teilnahme am Web-Survey ist im April 2023 möglich. Die Analyse der Daten erfolgt mittels der Open Source Statistiksoftware R und umfasst neben der Berechnung statistischer Kennzahlen und Korrelationen auch induktive Verfahren wie Regressions- und Faktorenanalyse sowie die Varianzwichtigkeit.

Analyse der Daten

An der Umfrage haben 402 Personen teilgenommen. In jedem Bundesland ist mindestens ein/e PA tätig. 244 der befragten PAs haben ihren Abschluss vor 2023 erworben und sind zum Zeitpunkt der Befragung als PA tätig, weshalb sich die folgenden Analysen auf diese Datenmenge beziehen.

Fast ein Drittel dieser PAs verfügt über eine vorangegangene Berufsausbildung. 82% der befragten PAs sind weiblich. Jede/r fünfte PA arbeitet in Teilzeit auf durchschnittlich 67%. Etwa 5% besitzen neben einem Bachelor- auch einen Masterabschluss und 16% haben eine Führungsposition inne. Etwa zwei Drittel der PAs befindet sich in einem Tarifvertrag und 92% befürworten ein eigenes Tarifsystem für PAs. Der/die durchschnittliche/r deutsche PA in dieser Studie ist weiblich, 30 Jahre alt, in Nordrhein-Westfalen tätig, verdient 58.900 EUR und hat vor 2 Jahren den Bachelorabschluss gemacht. Das auf Vollzeiteinkommen harmonisierte jährliche Bruttoeinkommen der befragten PAs in Deutschland verteilt sich zwischen 35.000 EUR und 130.000 EUR. Ohne Differenzierungen hinsichtlich der Datenstrukturen beläuft sich das durchschnittliche Einkommen auf 58.900 EUR mit einem Medianeinkommen von 54.000 EUR. Wenngleich im Datensatz nur 18% der Befragten männlich sind, zeichnet sich ein Gehaltsgefälle gegenüber Frauen ab. So verdienen Männer im Datensatz im Schnitt 66.500 EUR (Median 60.000 EUR), wohingegen Frauen auf durchschnittlich 57.200 EUR kommen (Median 53.500 EUR). PAs mit einem Bachelorabschluss erhalten ein jährliches Bruttoeinkommen von durchschnittlich 57.600 EUR (Median 54.000 EUR), während PAs mit einem Masterabschluss durchschnittlich 24.000 EUR mehr erhalten: 83.200 EUR (Median 74.000 EUR). Dieses Ergebnis geht aus einer statistisch signifikanten linearen Regressionsanalyse zu den Determinanten des jährlichen Bruttoeinkommens von PAs als monetär größte und hoch signifikante Einflussgröße hervor (aR2=0,43). In Hinblick auf das Vorhandensein einer abgeschlossenen Berufsausbildung lässt sich kein monetärer Unterschied zu Primärqualifizierten PAs feststellen.

Geographisch lassen sich anhand der Daten keine strukturellen Unterschiede in den Einkommen von PAs erfassen. Die Region, in der die PAs tätig sind, scheint keinen messbaren Einfluss auf das jährliche Bruttoeinkommen auszuüben (χ2-Tests). Allerdings sei hier anzumerken, dass die Fallzahlen zu gering sind. So sind weniger als 5% der PAs in den neuen Bundesländern tätig und auch bei den alten Bundesländern überlagern die bevölkerungsstarken Bundesländer die Interpretation. Hinsichtlich der Bevölkerungsdichte sind ebenfalls keine Effekte aus den Daten ableitbar (χ2-Tests). Deskriptiv zeichnet sich ab, dass PAs älterer Abschlussjahrgänge ein niedrigeres Einkommen aufweisen als PAs jüngerer Abschlussjahrgänge. PAs, die Aufstiegsmöglichkeiten in/bei ihrer derzeitigen Anstellung sehen, weisen ein höheres Einkommen auf (Median 99.000 EUR gegenüber Median 54.000 EUR).

Die Analyse des Einflusses der Angaben zur subjektiven Erfahrungseinschätzung unterschiedlicher Tätigkeiten zeigt, dass einige Tätigkeiten einen besonders starken Effekt auf das jährliche Bruttoeinkommen von PAs haben. Bei Betrachtung des jährlichen Bruttoeinkommens hinsichtlich eines additiven Index aus den einflussreichsten zehn Tätigkeiten, zeichnet sich folgendes Bild ab: PAs, die angeben sehr erfahren in diesen zehn Tätigkeiten zu sein, verdienen durchschnittlich 88.900 EUR (Median 98.000 EUR). Hierbei scheint es sich um vorwiegend invasive Tätigkeiten mit einem hohen Verantwortungsgrad zu handeln: So ergibt die Untersuchung der Varianzwichtigkeit hinsichtlich der monetär einflussreichsten Tätigkeiten, dass PAs mit hoher subjektiver Erfahrungseinschätzung bei invasiven Maßnahmen (wie dem Legen von Shaldon-Kathetern und/oder dem Legen zentraler Zugänge (ZVK) und/oder der Intubation ohne erhöhtes Komplikationsrisiko), ein höheres jährliches Bruttoeinkommen aufweisen. In diesem Sinne sind die entsprechenden Tätigkeiten exemplarisch zu verstehen, da nicht alle möglichen Tätigkeiten im Rahmen der subjektiven Erfahrungseinschätzung abgefragt wurden.

Es zeigt sich aber auch, dass nicht pauschal mit steigendem Fähigkeitsumfang ein Einkommenszugewinn in Verbindung steht. So scheinen nicht-invasive Tätigkeiten die im Bereich subjektive Erfahrungseinschätzung der Kommunikation und Informationsweitergabe (KIW) liegen, sich negativ auszuwirken. An diesem Punkt ist allerdings zu erwähnen, dass bei der Interpretation dieser Ergebnisse einige Aspekte zu berücksichtigen sind. So gibt es den Dunning-Kruger-Effekt, die Selbstüberschätzung und damit kognitive Verzerrung im Selbstverständnis inkompetenter Menschen, zu berücksichtigen oder die Tatsache, dass Frauen zur Unterschätzung und Männer zur Überschätzung ihrer Fähigkeiten neigen (4,5).

Limitationen 

Da zum derzeitigen Zeitpunkt wenig über die demografischen Eigenschaften der PAs in Deutschland bekannt ist, kann die Repräsentativität der Daten dieser Studie nur teilweise angenommen werden. Die ersten Abschlussjahrgänge sind in den Daten nicht vertreten, während der Anstieg der PA-Abschlusszahlen in den letzten Jahren mit den Absolvierendenzahl (6) und der Zunahme der PA-Studienstandorte korrespondiert. Hinsichtlich Alter, Geschlecht oder Vorausbildung sind keine Vergleichsstudien oder -daten bekannt, anhand welcher die erfolgte Datenerhebung bewertet werden kann.

Schlussfolgerung und Diskussion

Aus der Gehaltsanalyse geht ein Gender-Pay-Gap hervor und das mit steigender subjektiver Erfahrungseinschätzung bei invasiven Maßnahmen das Einkommen von PAs steigt, während mit steigenden kommunikativen Fähigkeiten das Einkommen sinkt. Mit steigendem akademischem Abschluss erhöht sich das Einkommen und PAs älterer Jahrgänge verdienen tendenziell weniger als die jüngeren Jahrgänge. Ein eigenes Tarifsystem für PAs wird vielfach gewünscht.

Einige Ergebnisse dieser Gehaltsumfrage spiegeln tieferlegende Strukturen in der medizinischen Versorgung wider. So zeigt beispielsweise die aus dem Datensatz hervorgehende niedrigere Bezahlung bei starken subjektiven Erfahrungseinschätzungen in KIW, dass auch in der Realität das Geld durch Behandlungen und nicht die Kommunikation mit Patient:innen gemacht wird. Schließlich wird nicht die Aufklärung über eine OP, sondern die OP selbst vergütet. Somit werden kommunikative Fähigkeiten in diesem Bereich weniger gut vergütet als invasive Fähigkeiten.

Die Ergebnisse dieser Arbeit können dazu beitragen, ein besseres Verständnis für die Gehaltsstrukturen von PAs zu entwickeln und relevante Erkenntnisse für die Berufsgruppe, Arbeitgebende, Gesundheitspolitik und das Gesundheitssystem insgesamt zu liefern. Insbesondere, dass der Wunsch nach einer Eingruppierung in einen eigenen Tarif für PAs eine so laute Stimme in den Daten gefunden hat, zeichnet Handlungsbedarf auf. Schließlich bedeutet dies, dass sich PAs in der derzeitigen Tariflandschaft in Deutschland nicht abgebildet sehen.

Ferner lässt sich aus dieser Studie ableiten, dass Studiengänge für PAs in Betracht ziehen sollten, Strategien zur Förderung realistischer Gehaltserwartungen bei ihren Studierenden einzusetzen, um die Einkommensgleichheit zu fördern. Es ist allerdings zu vermuten, dass die Analysen von den Gehältern von PAs in dieser Studie das Einkommen bzw. die Einkommenspotentiale unterschätzen, aufgrund des hohen Frauenanteils. Mit dem Hintergrund eines Gender-Pay-Gaps oder damit, dass vor allem junge PA-Studierende geringere Einkommenserwartungen aufweisen (7), ist ein Fahrstuhleffekt nach unten zu erwarten. Dies bedeutet, dass die ermittelten Werte bei einem vorwiegend männlichen Datensatz möglicherweise höher liegen würden. Die Ergebnisse dieser Studie unterliegen daher einer Verzerrung der Daten aufgrund eines existenten Gender-Pay-Gaps.


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Literaturverzeichnis

1 Klein P., Stieglitz, S. Tätigkeit des Physician Assistant (PA) in der Pneumologie. Pneumologie. 2021;75(1):32–33. DOI:10.1055/s-0041-1723319.

2 Hoffmann M., Arnegger S., Mend B., Hoffmann R., Marschall T. Physician Assistants in der Chirurgie. Der Unfallchirurg. 2018;121(6):502–509. DOI:10.1007/s00113-018-0505-8.

3 Iqbal-Ochs S., Popert U. Physician Assistant – eine Lösung des Hausärztemangels in Deutschland?. Zeitschrift für Allgemeinmedizin. 2020;96(6):252-256. DOI:10.3238/zfa.2020.0252-0256.

4 Beyer S. Gender differences in self-perception and negative recall biases. Sex roles. 1998;38(1):103-133. DOI:10.1023/A:1018768729602.

5 Sieverding M. Frauen unterschätzen sich: Selbstbeurteilungs-Biases in einer simulierten Bewerbungssituation. Zeitschrift für Sozialpsychologie. 2003;34(3):247-160. 10.11588/heidok.00019703.

6 DHPA. PAs in Deutschland – die Zahlen steigen weiter. Physician Assistant. 2023;4(1):66-73.

7 Streilein A, Leach B, Everett C, Morgan P. Knowing Your Worth: Salary Expectations and Gender of Matriculating Physician Assistant Students. J Physician Assist Educ. 2018;29(1):1-6. DOI:10.1097/JPA.0000000000000180. 

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