Was die neue Bertelsmann-Studie für den Einsatz von Physician Assistants bedeutet

Bertelsmann Studie Physician Assistant

Hausärztliche Versorgung unter Druck – Strukturveränderungen unausweichlich

Die hausärztliche Versorgung in Deutschland steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Eine neue repräsentative Studie der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Gesundheitsversorgungsforschung und Klinische Epidemiologie der Philipps-Universität Marburg zeigt: Ein Viertel der befragten Hausärztinnen und -ärzte plant, die Tätigkeit in den kommenden fünf Jahren aufzugeben. Zusätzlich beabsichtigen viele, ihre Wochenarbeitszeit bis 2030 durchschnittlich um zweieinhalb Stunden zu reduzieren.

Da der ärztliche Nachwuchs diese Entwicklung nur teilweise kompensieren kann, droht sich die Zahl der fehlenden Hausärztinnen und -ärzte in den kommenden Jahren deutlich zu erhöhen. Schon heute sind über 5.000 Hausarztsitze unbesetzt. Die Studienautorinnen und -autoren gehen davon aus, dass sich diese Zahl innerhalb von fünf Jahren verdoppeln könnte – mit weitreichenden Folgen für die wohnortnahe und kontinuierliche medizinische Versorgung.

Delegation als Lösungsansatz: 72 Prozent erkennen Entlastungspotenzial

Trotz der angespannten Lage zeichnet sich in der Studie auch ein handlungsfähiger Lösungsansatz ab: 72 Prozent der befragten Hausärztinnen und -ärzte schätzen das Entlastungspotenzial durch die Übertragung von Aufgaben auf andere Gesundheitsberufe als sehr oder eher groß ein. Besonders ausgeprägt ist diese Zustimmung unter angestellten Ärztinnen und Ärzten, von denen 78 Prozent eine entsprechende Einschätzung äußerten. Dies unterstreicht die hohe Bereitschaft, im Versorgungsalltag stärker auf interprofessionelle Teamarbeit zu setzen.

Eine zentrale Berufsgruppe, die für eine solche Entlastung infrage kommt, ist der Physician Assistant. Dieser kann regelhaft delegierbare Tätigkeiten eigenständig übernehmen. In der hausärztlichen Praxis gehören dazu unter anderem die Durchführung von Anamnesen, körperliche Untersuchungen, das Einleiten diagnostischer Maßnahmen sowie die Betreuung chronisch erkrankter Patientinnen und Patienten – stets im Rahmen der ärztlichen Delegation und in enger Abstimmung mit der ärztlichen Leitung.

Modellprojekte zeigen: Physician Assistants verbessern Versorgung und entlasten wirksam

Dass der Einsatz von PAs in der hausärztlichen Versorgung nicht nur theoretisch sinnvoll, sondern auch praktisch erfolgreich ist, zeigen zwei aktuelle Modellprojekte. Im Rahmen des PA-Projekts der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe übernahmen Physician Assistants eigenständig rund 30 Prozent aller Patientenkontakte in der Praxis. Die Ergebnisse sprechen für sich: Die Versorgungsqualität blieb erhalten, die Patientenzufriedenheit war hoch und die ärztlichen Kapazitäten konnten stärker auf komplexe Fälle fokussiert werden.

Ähnliche Erkenntnisse liefert das HÄPPI-Projekt in Baden-Württemberg. Auch hier wurde durch den gezielten Einsatz von PAs eine Ausweitung der Versorgungsleistung möglich, ohne dass es zu Qualitätseinbußen kam. Vielmehr entwickelte sich eine tragfähige, kooperative Arbeitsweise im Team, die zu einer nachhaltigen Entlastung der Ärztinnen und Ärzte führte und gleichzeitig die Patientenbindung stärkte.

Diese Erfahrungen zeigen, dass der Physician Assistant in der Lage ist, Verantwortung im Primärversorgungsalltag zu übernehmen und das medizinische Personal effektiv zu ergänzen – insbesondere in ländlichen Regionen, MVZ-Strukturen oder sektorenübergreifenden Versorgungsmodellen.

Fazit: Der Physician Assistant als integraler Bestandteil der hausärztlichen Versorgung der Zukunft

Die neue Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt klar: Ohne strukturelle Veränderungen wird die hausärztliche Versorgung in Deutschland künftig nicht mehr aufrechtzuerhalten sein. Die Delegation ärztlicher Aufgaben an qualifizierte Gesundheitsberufe ist dabei ein zentraler Hebel und mit dem Physician Assistant steht eine geeignete Berufsgruppe mit 26 Hochschulen und über 2.500 Immatrikulationen pro Jahr bereits zur Verfügung.

Gleichzeitig braucht es nun den politischen Willen, diesen Hebel auch flächendeckend anzuwenden. Notwendig sind unter anderem eine bundesweite Berufsgesetzgebung, verlässliche Refinanzierungsmodelle und gezielte Informationskampagnen zur Bekanntmachung des PA-Berufs. Nur so kann die Integration des Physician Assistant in die Regelversorgung gelingen.

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