Im niederländischen Gesundheitssystem haben Physician Assistants (PAs) einen bedeutenden Platz eingenommen. Am Beispiel des Radboudumc zeigt sich, wie diese medizinischen Fachkräfte erfolgreich in nahezu allen Bereichen des Gesundheitswesens integriert wurden. Über 120 PAs sind dort aktiv und unterstützen die ärztlichen Teams in vielfältigen Tätigkeitsfeldern. Lisette Draaijer und Marijn Kraaijkamp, PAs der ersten Stunde, sind nur zwei von ihnen. Dieser Beitrag beleuchtet die Rolle und den Ausbildungsweg von PAs in den Niederlanden und zeigt, wie auch deutsche PAs davon lernen können.
Vielseitig und gut vernetzt: Einsatzgebiete der PAs
PAs sind aus den verschiedenen medizinischen Abteilungen des niederländischen Gesundheitswesens nicht mehr wegzudenken. Ob in Notaufnahmen, bei Hausärzten, in Pflegeheimen, bei Rettungsdiensten, in geburtshilflichen Praxen oder in der Arbeitsmedizin – die PAs sind überall präsent. Diese weitreichende Präsenz hebt sie von vergleichbaren Berufen ab und zeigt die hohe Wertschätzung und den Bedarf an dieser Berufsgruppe. Angesichts ihrer Verbreitung ist es wichtig, das Bewusstsein für ihre Rolle und Fähigkeiten weiter zu schärfen.
Autonom und qualifiziert: Diagnose- und Behandlungsfähigkeit
In den Niederlanden ist der Beruf des PAs rechtlich anerkannt, und ihre Kompetenzen gehen weit über die Assistenz ärztlicher Tätigkeiten hinaus. PAs dürfen eigenständig Patienten untersuchen, diagnostizieren und behandeln sowie risikoreiche Verfahren durchführen und Medikamente verschreiben. Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Ärzten und Spezialisten, was eine hohe Versorgungsqualität sichert. In einem System, das auf effiziente und patientennahe Versorgung setzt, haben PAs eine tragende Rolle übernommen.
Kein eindeutiger niederländischer Begriff für Physician Assistants
Obwohl der Beruf mittlerweile fest etabliert ist, gibt es in den Niederlanden keinen speziellen Begriff für „Physician Assistant“. Die wörtliche Übersetzung „Arztassistent“ führt dort zu Missverständnissen, da sie für Ärzte in der Weiterbildung steht. Trotz einer öffentlichen Debatte im November 2023 entschied man sich, die englische Bezeichnung „Physician Assistant“ zu behalten, da sie sich im medizinischen Umfeld gut etabliert hat. In der breiten Öffentlichkeit hingegen bleibt die Rolle oft noch unbekannt.
Der Weg zum PA: Ausbildung und Berufserfahrung
Die Ausbildung zum PA in den Niederlanden setzt eine abgeschlossene Hochschulbildung im Gesundheitswesen (HBO) und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung voraus. Der Zugang erfolgt über einen dualen Masterstudiengang, bei dem die Studierenden in einem strukturierten Arbeitsverhältnis ihre praktische Ausbildung erhalten. Diese Kombination von Studium und beruflicher Praxis gewährleistet eine fundierte Vorbereitung auf die vielseitigen Anforderungen des Berufsfeldes.
Ein Blick in den Arbeitsalltag
Am Amalia Kinderkrankenhaus zeigt sich, wie vielseitig die Aufgaben der PAs sein können. Der Assistenzarzt Philip van Haren beispielsweise beginnt seinen Tag früh, oft mit einem Sedierungsprogramm für junge Patienten. Im Kinderkrankenhaus sind insgesamt 25 PAs tätig, die auf unterschiedliche Abteilungen wie Neonatologie, Geburtshilfe und klinische Genetik verteilt sind. Während die PAs in der Pädiatrie die leichtere Sedierung für angstvolle Kinder übernehmen, steuern sie bei schwereren Eingriffen in enger Zusammenarbeit mit der Anästhesie tiefergehende Sedierungen. Die PAs helfen so, die Ärzte zu entlasten, die sich auf besonders komplexe Fälle konzentrieren können.
Fazit: Was deutsche PAs von den Niederlanden lernen können
Die Niederlande zeigen, wie sinnvoll die Integration von PAs in das Gesundheitswesen sein kann. Mit ihrem breiten Kompetenzprofil und der Möglichkeit, eigenständig Behandlungen durchzuführen, füllen sie eine Lücke zwischen Arzt und Pflegekraft. Deutsche Einrichtungen könnten durch einen ähnlichen Einsatz von PAs profitieren, insbesondere in Bereichen wie der Notfallversorgung, der Pflege älterer Menschen und der Geburtshilfe. Eine stärkere öffentliche Anerkennung und die Möglichkeit, PAs ähnlich wie in den Niederlanden eigenverantwortlich arbeiten zu lassen, wären Schritte in die richtige Richtung.
Für deutsche Physician Assistants lohnt sich der Blick ins Nachbarland: Hier haben PAs ein hohes Maß an Autonomie und Verantwortung, das ihnen ermöglicht, ihre Fähigkeiten voll auszuschöpfen und das Gesundheitssystem optimal zu unterstützen.