Rebecca war so nett und hat sich unseren Fragen gestellt. Das Interview über ihren Berufsalltag findet Ihr unten. Fragen zum Interview oder an Rebecca könnt Ihr gerne in die Kommentare schreiben.
Warum hast Du Dich für das Studium zum Physician Assistant entschieden ?
Schon seit dem Grundschulalter wollte ich Ärztin werden. Das hat leider nicht geklappt. So zögerte ich nicht, als ich von dem Studium zum Physician Assistant in meiner Nähe erfahren habe.
An welcher Universität/Fachhochschule hast Du studiert und warst Du zufrieden mit dem Studium ?
Ich habe an der FHM studiert. Wir waren der erste Jahrgang und entsprechend viele Startschwierigkeiten gab es. Überzeugt hatte mich der Lehrplan mit genauer Anlehnung an das Curriculum des Medizinstudiums und der Akkreditierung durch die örtliche Ärztekammer. Die Umsetzung dessen war jedoch eher mäßig. Gut fand ich, dass unsere Gruppe sehr klein war. Bislang waren wir jedoch auch die Einzigen, die dort Physician Assistant studiert haben. Es gab nicht genug Bewerber und entsprechend hat es sich für die Hochschule an unserem Standort nicht rentiert.
Fühltest Du Dich gut vorbereitet auf Deine jetzige Tätigkeit ?
Schon, ja. Durch die vielen Praxisphasen hat man sehr viele Erfahrungen sammeln können. Mein Arbeitgeber, bei dem ich bereits als Studentin eingestellt wurde, fördert mich und meine Ausbildung jedoch auch sehr gut. Neben den Pflichtpraktika, habe ich in den Ferien (2 Wochen im Sommer und 2 Wochen über Weihnachten) aber auch noch freiwillige Praktika absolviert.
Wenn nein, welche Inhalte hättest Du Dir noch gewünscht ?
Da mir immer klar war, dass ich mit Kindern arbeiten möchte, kam aus meiner Sicht das Pädiatrie-Modul zu kurz. Von meinen ärztlichen Kollegen weiß ich jedoch, dass das im Medizinstudium nicht unbedingt besser ist. Pädiatrie ist meiner Meinung nach aber so unglaublich wichtig.
Wie kamst Du zu Deiner aktuellen Stelle und wie gelang Dir der Start ins Berufsleben ?
Ich wusste, dass die Abteilungen für Erwachsene unsrer Klinik bereits eine verhältnismäßig große Zahl an PAs beschäftigt (mittlerweile 10), weshalb ich eine Initiativbewerbung an das Kinderzentrum schickte. Zu Gute kam mir sicher, dass unser ehemaliger Chef zuvor lange in den USA gearbeitet hat und entsprechend schon gute Erfahrungen mit PAs sammeln durfte. Ich wurde an meinem ersten Tag sehr freundlich empfangen, meine Kollegen waren allesamt sehr aufgeschlossen. Meine größte Kritikerin konnte ich glücklicherweise auch rasch überzeugen. Dazu gehörte jedoch viel Engagement.
Wie sieht Dein normaler Arbeitsalltag aus ?
Arbeitsbeginn ist um 8 Uhr. Morgens findet zuerst eine Frühbesprechung mit allen ärztlichen Mitarbeitern unseres Zentrums statt. Gegen 8:20 Uhr beginnt die Übergabe unserer Station. Da ich hauptverantwortlich für die stationären Aufnahmen bin, lese ich mich währenddessen bereits in die aufzunehmenden Patienten ein (alte Arztbriefe und Befunde). Da wir ein sehr spezialisiertes Zentrum sind, sind die meisten Neuaufnahmen geplant. Natürlich ist ein Ohr immer bei der Übergabe, um wirklich relevante Dinge nicht zu verpassen. Sobald mein erster Patient eintrifft, gehe ich zu ihm. Ich spreche mit den Eltern oder dem Patienten selbst (unsere meisten Patienten sind Kinder, unser Spektrum umfasst aber alle Patienten mit angeborenen Herzfehlern, sodass wir auch Erwachsene jeder Altersklasse behandeln (mein ältester Patient war 67 Jahre alt), untersuche den Patienten, nehme Blut ab und lege einen peripheren Zugang. Ich befunde anschließend das EKG, ggf. Röntgenbilder, schreibe einen Aufnahmebefund, sichte die Laborergebnisse und leite, wenn nötig, nach Rücksprache mit meinem Oberarzt medikamentöse Therapien ein. Wenn ich weitere Diagnostik wie ein Langzeit-EKG für sinnvoll erachte, darf ich dies auch ohne Rücksprache der Pflege anordnen. Aktuell führe ich unter Supervision auch die transthorakale Echokardiographie durch. Sobald ich diese sicher beherrsche, soll auch das zu meinen festen Aufgaben hinzukommen. Unsere Station arbeitet zudem eng mit der Kinderherzchirurgie zusammen. Die Chirurgen rufen mich also häufiger mal an, um von mir Informationen über den Patienten zu erhalten. Ich muss also auch während der Untersuchung entscheiden, ob ein Patient OP-fähig ist. Gegen 16:15 Uhr beginnt die Nachmittagsübergabe an den Dienstarzt. Wenn alles gut geht, verlasse ich gegen 17 Uhr die Station. Überstunden sind jedoch nicht selten. Neben den Tätigkeiten rund um die Aufnahmen, helfe ich natürlich auch auf der Station selbst. Visite, Elterngespräche, Befundauswertung, Blutentnahmen, das Schreiben von Entlassbriefen, Kommunikation mit niedergelassenen Ärzten, Begleitung in den OP….
Hattest Du die praktischen Fähigkeiten bereits vor Antritt der Stelle oder wurden Sie Dir beigebracht ?
Das allermeiste habe ich bereits während des Studiums gelernt.
Welche Qualifikationen sind Deiner Meinung nach wichtig für einen PA ?
Ehrlich gesagt: all das, was auch für die Ärzte der Abteilung wichtig ist. Ich möchte mich persönlich nicht darauf ausruhen, offiziell weniger Verantwortung zu tragen. Jeder PA sollte meiner Meinung nach theoretisch und praktisch in der Lage sein, allen anfallenden ärztlichen Aufgaben gerecht zu werden und die Patientensicherheit nicht zu gefährden.
Wie kam das Berufsbild bei anderen Berufsgruppen an ?
Eigentlich sehr gut. Natürlich musste man sich anfangs beweisen – gerade, wenn man wie ich die Erste ist. Die Resonanz war aber grundsätzlich gut. Zweifel konnten schnell behoben werden. Verbale Erklärungen zum Beruf haben dazu jedoch nur wenig beigetragen. Eher das eigene Handeln und Engagement im Alltag hat die Zweifel der Letzten behoben.
Strebst Du einen Masterstudiengang an ?
Zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Kurzzeitig fand ich den Masterstudiengang „kardiovaskuläre Forschung“ interessant, da ich aber gern direkt am Patienten arbeite, fiel das schnell weg.
Hast Du eine Zukunftsvision für das Berufsbild ?
Meiner Meinung nach ist ein guter PA für die medizinische Zukunft unseres Landes gut und wichtig. Erst gestern äußerte eine Mutter mir gegenüber, wie gut sie es findet, mich als Konstante auf der Station zu wissen. Viele unserer Patienten sind häufig stationär bei uns, da die Ärzte jedoch oft nach ihren 3 Jahren Kinderkardiologie-Weiterbildung die Klinik verlassen, waren bisher immer neue, den Kindern unbekannte Ärzte dort. Mit dem PA ist jemand dort, der nicht unbedingt nach nur drei Jahren wieder geht. Auch unsere Oberärzte sehen das so. Sie rechnen längerfristig mit mir im Team. Entsprechend fördern sie natürlich auch meine praktische Ausbildung.
Welche Empfehlung kannst Du PA-Student:innen geben ?
Lernt nicht nur punktuell für die Prüfungen, sondern erweitert euer medizinisches Wissen stetig. Auch ist eine gewisse Offenheit gegenüber anderen Fachbereichen wichtig. Selbst dann, wenn ihr wie ich, schon vor Beginn des Studiums wisst, in welche Richtung es euch verschlägt.