Was macht ein Physician Assistant in der Radiologie? Diese Frage stellen sich viele, denn bislang ist das Tätigkeitsfeld des PA in der bildgebenden Diagnostik nur wenig beleuchtet worden. Emanuel Brenz, 28 Jahre alt, verheiratet und Vater, gibt in unserem Gespräch einen praxisnahen Einblick in seinen Berufsalltag – und zeigt eindrucksvoll, wie viel Potenzial in dieser Rolle steckt.
Vom MTR zum Physician Assistant
Emanuel begann seine Karriere im Jahr 2014 mit einer Ausbildung zum medizinisch-technischen Radiologieassistenten (heute: Medizinischer Technologe für Radiologie, kurz MTR). Nach dem Abschluss arbeitete er mehrere Jahre in einer radiologischen Praxis mit Klinikanbindung in Schweinfurt. Sein Tätigkeitsfeld umfasste vorrangig die Durchführung von CT- und MRT-Untersuchungen, die Patientenlagerung, die Kommunikation mit Patient:innen sowie die Erhebung anamnestischer Informationen. Besonders in der CT-Diagnostik übernahm er bald Verantwortung – etwa als Teamleiter –, und der Wunsch nach mehr medizinischem Tiefgang wuchs.
Unterstützung aus der Verwaltung
Der entscheidende Impuls kam aus der Personalabteilung seines Arbeitgebers: Dort wurde früh das Potenzial erkannt, das ein Studium zum Physician Assistant (PA) gerade für die Radiologie bieten kann. Emanuel zögerte nicht lange. Gemeinsam mit einem Kollegen entschied er sich für den berufsbegleitenden Studiengang an der HSD Hochschule in Regensburg. Das Studium, das freitags bis sonntags in Präsenz stattfand, ließ sich gut mit seinem Arbeitsalltag und seinem Familienleben vereinbaren – auch dank des Rückhalts durch sein Umfeld und seine Vorgesetzten.
Physician Assistant in der Radiologie: Vielfältige Aufgaben und klare Strukturen
Seit Abschluss des Studiums arbeitet Emanuel als Physician Assistant in der Radiologie – und ist dort nicht mehr wegzudenken. Sein Aufgabenspektrum ist vielfältig und reicht weit über das hinaus, was viele zunächst mit der bildgebenden Diagnostik verbinden.
Emanuel ist zuständig für die medizinisch-organisatorische Betreuung der Großgeräte – konkret eines CT- und zweier MRT-Geräte. Dabei ist er für die medizinische Planung der Untersuchungen mitverantwortlich, entscheidet gemeinsam mit den Mitarbeitenden und in Rücksprache mit Radiolog:innen über Untersuchungsprotokolle, begleitet die CT-Planung und steht dem Team als fachlicher Ansprechpartner zur Verfügung.
Ein besonderes Augenmerk liegt in seiner Einrichtung auf der Herzbildgebung. In diesem Bereich übernimmt Emanuel nahezu den gesamten Ablauf: von der telefonischen Vorbereitung und Anamnese über die Beurteilung der Herzfrequenz bis zur Gabe eines Betablockers in Rücksprache mit dem Arzt. Auch die Koordination des Untersuchungsablaufs und die Betreuung der Patient:innen vor Ort liegen in seiner Hand. Alle Maßnahmen erfolgen auf Basis klar definierter SOPs, die gemeinsam mit dem ärztlichen Team entwickelt wurden.
Strukturierte Befundvorbereitung durch den PA
Besonders spannend: Emanuel ist auch in die strukturierte Vorbefundung eingebunden – ein in der Radiologie bislang kaum verbreiteter Ansatz für Physician Assistants. Mithilfe eines standardisierten Templates, das gemeinsam mit einer betreuenden Professorin erarbeitet wurde, dokumentiert er seine Beobachtungen zu kardialen Bildgebungen. Diese Befunde werden anschließend in einem täglichen Review mit der Fachärztin supervidiert, kommentiert und bei Bedarf angepasst. Dieses strukturierte Vorgehen entlastet das ärztliche Team erheblich und ermöglicht eine hohe Qualitätssicherung – ohne dass die ärztliche Verantwortung aus der Hand gegeben wird.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Darüber hinaus beteiligt sich Emanuel auch an der Befundung anderer Untersuchungen, beispielsweise von Wirbelsäulen-MRTs oder Thorax-CTs. Auch hier gilt: Der PA liefert eine fundierte Vorarbeit, der finale Befund wird vom Radiologen erstellt. Diese enge Zusammenarbeit schafft nicht nur Effizienz, sondern auch ein lernendes System: Emanuel profitiert vom medizinischen Wissen der Assistenzärzte, während diese von seiner technischen Erfahrung und Organisation profitieren. Ein echter Gewinn für alle Beteiligten.
Wie wird der Physician Assistant in der Radiologie von Kolleg:innen und Vorgesetzten wahrgenommen? Emanuel berichtet von überwiegend positiven Erfahrungen. MTR-Kolleg:innen sehen in ihm einen Ansprechpartner auf Augenhöhe, der bei medizinischen Fragen schnell und niederschwellig erreichbar ist. Auch das ärztliche Team schätzt die strukturierte Arbeitsweise und die Vorarbeit bei Befunden. Kritik gebe es vereinzelt – vor allem, wenn Neuerungen eingeführt werden. Doch Emanuel und seine Mentorin begegnen dem offen: „Kritik ist wichtig – sie zeigt, dass man wahrgenommen wird. Und sie hilft, Dinge weiterzuentwickeln.“
Was unterscheidet einen PA in der Radiologie von einem MTR?
Die Frage, wie sich seine Tätigkeit als Physician Assistant in der Radiologie von seiner früheren Arbeit als MTR unterscheidet, beantwortet Emanuel klar: Als MTR führte er Untersuchungen durch – heute ist er in die medizinische Planung und Strukturierung eingebunden, arbeitet organisatorisch wie auch diagnostisch mit. Seine Arbeit verlagert sich stärker in Richtung klinischer Entscheidungsunterstützung und Patientensteuerung. Gleichzeitig bleibt er flexibel: In personellen Engpässen kann er jederzeit auch wieder am Gerät einspringen – ein wichtiger Vorteil für die Praxisorganisation.
Grenzen und Herausforderungen
Natürlich ist nicht alles problemlos. Gerade bei Themen wie der Fachkunde im Strahlenschutz oder der Durchführung von Aufklärungsgesprächen bleiben rechtliche Grenzen bestehen. Emanuel sieht darin jedoch keine Hindernisse, sondern Entwicklungsmöglichkeiten. Denn viele Aufgaben – wie etwa die standardisierte Aufklärung vor Kontrastmittelgabe – könnten mit klaren Regelungen und guter Ausbildung auch von PAs übernommen werden. Wichtig sei dabei immer, dass Facharztstandards gewahrt bleiben und Supervision selbstverständlich ist.
Radiologie als Zukunftsfeld für Physician Assistants?
Noch ist die Radiologie nicht auf dem Radar vieler PA-Studierender. Emanuel vermutet, dass die Fachrichtung im Studium zu wenig vorkommt. Oft sei nur die Rede von einem Röntgenthorax oder einem Standard-CT. Dabei sei gerade die Radiologie ein hochdynamisches Fach mit großem Entwicklungspotenzial – und einer enormen Bandbreite an medizinischen Fragestellungen. Sein Wunsch: mehr Sichtbarkeit für den Beruf des Physician Assistant in der Radiologie, sowohl im Studium als auch in der Fachöffentlichkeit.
Abschließend richtet Emanuel einen Appell an alle, die mit dem Gedanken spielen, als PA in der Radiologie zu arbeiten – insbesondere an ausgebildete MTRs: „Einfach machen! Wenn das Team stimmt und man Lust auf medizinische Weiterentwicklung hat, ist die Radiologie ein fantastisches Arbeitsfeld. Ich gehe jeden Tag gerne zur Arbeit – weil ich merke, dass ich gebraucht werde, und weil ich jeden Tag etwas Neues lerne.“
Fazit: Physician Assistants in der Radiologie – mehr als nur Zukunftsmusik
Der Erfahrungsbericht von Emanuel zeigt eindrucksvoll, was ein Physician Assistant in der Radiologie leisten kann. Von der Organisation der Untersuchungsabläufe über die Betreuung der Herzbildgebung bis hin zur strukturierten Vorbefundung – die Aufgaben sind vielfältig und verantwortungsvoll. Klar ist: Der Einsatz von PAs in der Radiologie bietet nicht nur eine neue berufliche Perspektive für MTRs, sondern auch eine echte Entlastung für ärztliche Teams. Und genau deshalb gehört dieses Tätigkeitsfeld viel stärker ins Bewusstsein der PA-Community.
Du willst mehr über die Einsatzmöglichkeiten von Physician Assistants in der Radiologie erfahren? Dann höre unsere Podcastfolge mit Emanuel.